8. WEIHNACHTEN "ICH BIN BEI EUCH ALLE TAGE BIS AN DER WELT ENDE" (Mt 28,20b)

Ungewöhnlich war nicht Jesu Geburt, sondern sein Leben.

Die Geburt Jesu interessiert den neutestamentlichen Evangelisten Markus nicht. Für sein kanonisches Evangelium braucht er keine besondere Geburt Jesu.

Eine Jungfrauengeburt (eine damals verbreitete Vorstellung) ist nicht als historisches Ereignis aus dem Neuen Testament zu begründen. Gott, der Vater, hat Jesus nicht in die Welt gesandt, damit wir weihnachtliche Krippenspiele aufführen.

JESU BOTSCHAFT: "Folge mir nach"!

"... Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker...und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende" (Mt 18-20).

1. Die älteste Ostergeschichte

2. Die visionär vermittelte Erkenntnis der eschatologischen Auferstehung Jesu
Anhang: Auferstehung Jesu und historisch-kritische Methode: Der Historiker muss davon ausgehen, dass es sich um subjektive Phänome gehandelt hat (86)

3. Die Auferstehungsaussage ist ein Interpretament des Erscheinungsgeschehens - Auferstehungszeugen gibt es nicht
(1) Zur Entstehung des Glaubens an die Auferstehung Jesu
Anhang: Auferstehung Jesu – Auferstehung der Toten

(2) Schwierigkeiten mit der Auferweckung Jesu
(3) Die Auferstehung Jesu war keine historische Tatsache, sondern ein Glaubensurteil
(4) Die 'Erscheinungen' Jesu

(5) Die Auferstehungsgeschichten und der christliche Glaube

Anhang a: Der Bericht des Paulus (1Kor 15,3-11) und die Bedeutung der Verklärungsgeschichte für die Entstehung der zweiten Vision des Petrus
Anhang b: Die Drei-Tage-Worte Jesu – Sekundäre Umdeutung der ursprünglich eschatologischen Bilder

4. Die Auferweckung Jesu – ein transzendentes rein jenseitiges Geschehen, erfahrbar nur im Glauben
(1) Die Himmelfahrt Jesu vom Kreuz aus
(2) Transzendentale Entwürfe – Versetzung des Verstorbenen in den Himmel
(3) Zu den Elia-Motive des Lukas
(4) Zusammengehörigkeit von Auferweckung und Erhöhung
Anhang: Auferweckung und Erhöhung meinen im Urchristentum dasselbe Ereignis

Literatur

M. Dibelius: Die Überzeugung, dass Christus auferweckt sei und bei Gott lebe, ist für die Bildung der christlichen Gemeinde grundlegend und ist darum selbstverständlich in dem für uns ältesten, formulierten Kerygma enthalten, das bereits Paulus als Überlieferung empfing (1Kor 15,3ff). Aber diese Überzeugung hat jahrzehntelang einen Niederschlag in einer unmittelbar berichtenden Erzählung nicht gefunden. Lediglich eine mittelbar berichtende Legende, die von den Folgen der Auferstehung zu sagen weiß, ist seit dem MkEv bekannt, die Geschichte vom leeren Grab, Mk 16,1ff. Aber auch sie scheint nicht primär zu sein; Paulus weiß noch nichts von ihr. Sie scheint vielmehr ältere Erzählungen von Erscheinungen Jesu verdrängt zu haben, auf die 1Kor 15,5; Lk 24,34 angespielt wird. Allein auch diese haben offenbar den Auferstandenen, nicht aber die Auferstehung dargestellt. Die älteste unmittelbar berichtende Erzählung von der Auferstehung, d.h. von dem triumphierenden Hervorgehen Jesu aus dem Grab, steht im Petrus-Evangelium, in einem Werk des 2. Jh. (36f).

Jesus – Lazarus: Im Johannesevangelium (Kp 11) wird zwischen der Erhöhung Jesu und der Wiederbelebung des Lazarus nicht unterschieden – zwei grundverschiedene Vorgänge: Lazarus ist Jahre nach seiner Wiederbelebung gestorben, aber Jesus ‚lebt‘. Das leere Grab und die Auferstehungsleiblichkeit Jesu sind keine historischen Fakten. Diese Aussagen sind bedingt durch das apokalyptische Weltbild: ‚Leben‘ gibt es nur leiblich, mit ‚Haut, Knochen und Sehnen‘. Wenn Jesus ‚lebt‘, dann musste sein Grab aufgrund des apokalyptischen Weltbildes zwangsläufig leer gedacht werden (Hes 37). Um aufzustehen, um aus dem Grab zu steigen, braucht man Knochen und Sehnen. Auferstehung und volles Grab passen nicht zusammen. Leeres Grab? Wo ist der mit ‚Haut, Knochen und Sehnen‘ (leeres Grab) wiederbelebte historische Jesus geblieben? Der Glaube an ein leeres Grab Jesu macht den christlichen Glauben zu einem Mirakelglauben. „Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht ererben; auch wird das Verwesliche nicht erben die Unverweslichkeit“ (1Kor 15,50). Nirgendwo argumentiert Paulus mit einem leeren Grab Jesu. Paulus weiß um einen ‚himmlischen‘ Leib (2Kor 5), d.h. die Gräber müssen nicht leer werden.

Hebräerbrief: In dem Schema Katabasis und Anabasis spielt die Auferstehung keine Rolle (in 13,20 wird sie nur formelhaft erwähnt) und ist durch die Vorstellung der Himmelfahrt vom Kreuz aus ersetzt, die auch Phil 2,9 vorliegt. Das apokalyptische Zeitschema von Jetzt und Dann tritt zurück hinter die grundlegende Diastasse: Irdisch/Himmlisch.

Die Unsterblichkeit der Seele (s. Text 10)

Wer im 21. Jh. glaubt/weiß, dass Jesus 'lebt', muss nicht an das apokalyptische Weltbild glauben. Ob ich an eine Himmelfahrt Jesu vom Kreuz, an eine Erhöhung des Gerechten, an eine Entrückung, oder an das apokalyptische Weltbild (Auferstehung der Toten, Auferstehung Jesu) glaube, ist völlig belanglos. "Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden" (Mt 22,32 parr). Jesus ist nicht gekommen, um Menschen auf das apokalyptische Weltbild zu verpflichten, sondern: "...Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum geht hin und machet zu Jüngern alle Völker...und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe" (Mt 28,18-20a)! Das entscheidende Fest der Gemeinde Jesu ist nicht Ostern, sondern Pfingsten, denn ohne Geistwirkung ist Glaube an Jesu nicht möglich: "Es kann niemand zu mir kommen, es sei denn, ihn ziehe der Vater, der mich gesandt hat" (Joh 6,44).

Ostern - ein HAPPY DAY?

Ostern geht es darum, dass Jesu 'Jünger' gleichsam mit Christus 'gestorben' sind und nun mit Christus im Geist leben - Jesus nachfolgen (Gal 2.20).

Jesus sprach zu Zachäus: "Heute ist diesem Hause Heil widerfahren" (Lk 19,9). Lk 11,20 "Wenn ich durch Gottes Finger die bösen Geister austreibe, so ist das Reich Gottes zu euch gekommen".

Jesu Wirken war auf die Gegenwart gerichtet. Es war nicht abhängig von seinem zukünftigen Tod. Jesus hat Lahme, Blinde, Taube geheilt, Sünden vergeben. "Dein Glaube hat dich geheilt".

Jesus hat sein Leben nicht freiwillig hingegeben. Es ist ihm durch Verrat und mit Gewalt genommen worden (das Prophetenschicksal, Paulus hat seinen Märtyrertod nicht gewollt). Jesus hat sein Leben für die Schafe riskiert, aber er hat es nicht für die Schafe geopfert.

Unsterblichkeit der Seele / des inneren Menschen / der Geistseele: "..., solange ich in dieser Hütte bin..., denn ich weiß, dass ich meine Hütte bald verlassen muss" (2Ptr 1,13f).

Die Unsterblichkeit der Seele ist die Voraussetzung für ein Gericht post mortem. Wenn der innere Mensch, die Geistseele, den Tod nicht überdauert, das 'Ich' nicht mehr existiert, alle Daten gelöscht sind, kann es kein Gericht geben.

Wenn die Erhöhung Jesu kein historisches sondern ein transzendentes Ereignis ist, dann ist die Auferweckung Jesu ebenfalls kein historisches sondern ein transzendentes Ereignis.

M.Hengel: Ist der Osterglaube noch zu retten? Es wäre schlimm, wenn wir uns anmaßten, den Glauben an die Auferstehung Jesu retten zu können. Es ist gerade nicht unsere Aufgabe, hier 'vernünftig' begründen zu wollen, um irgend etwas zu retten. Der erhöhte Christus selbst hat die Verzweiflung und den Zweifel der Jünger überwunden und Glauben geschenkt, aus einem Simon wurde ein Petrus, aus einem Saulus ein Paulus. Dieser Glaube hat die Kirche bis heute getragen, er wird sie 'bis an der Welt Ende' weitertragen.

R. Pesch: Lukas gibt mit Hilfe der Himmelfahrtserzählung (Apg 1,9-11) eine theolgische Deutung der Heilsgeschichte. Insofern er mit seiner Erzählung ein Geschehen an Jesus im Auge hat, meint er dessen Erhöhung, die kein historisches Ereignis ist. Der erhöhte Herr zeigt sich nur in der einmütigen Versammlung der Jüngergemeinde, die seinem Wort vertraut, seiner Weisung nachkommt, seiner Verheißung glaubt und seine Sendung als die ihrige, seinen Auftrag als den ihrigen übernimmt. Das sichtbare 'Wunder' ist weder ein leeres Grab noch ein wie eine Rakete zum Himmel fahrender Mensch, sondern die von Jesus gestiftete einmütige Versammlung (1,14) selbst, in der alle, die glauben und nicht zweifeln, ihren erhöhten Herrn 'schauen', der unsichtbar in ihrer Mitte real-präsent ist und durch seinen Geist alle miteinander verbindet. Die Unterscheidung von Auferweckung und Erhöhung/Entrückung nach der vierzigtägigen Zwischenzeit hat in der Thelogiegeschichte seit der Mitte des 2.Jh. immer mehr Raum gewonnen neben der ältesten Konzeption der Identität von Auferweckung und Erhöhung (75f).